Der Google Website Optimizer: Mehr Conversions mit einfachen Mitteln

Über viele Jahre wurde Conversion-Optimierung von vielen E-Commerce-Treibenden als gleichbedeutend mit Traffic-Steigerung verstanden. "Gefunden werden" war die Devise, fast um jeden Preis. Mehr Besucher bedeuten mehr Conversions, also musste möglichst die Top-Platzierung in den Suchmaschinen her, um immer mehr Traffic zu bekommen.

Es ist eigentlich erstaunlich, wie sorglos mit dieser oft sehr teuer erkauften Ressource umgegangen wurde und wird. Während nämlich jede E-Commerce-Site in irgendeiner Weise auf Traffic optimiert ist, richten vergleichsweise wenige Betreiber ihr Augenmerk auf die Verbesserung des Nutzungsgrades für diesen Traffic.

Genau hier setzt der Google Website Optimizer (GWO) an. Er erlaubt es, verschiedene Varianten einer Website bzw. einer einzelnen Seite für Vergleichstests im parallelen Betrieb gegeneinander antreten zu lassen. Der Besucherstrom wird gleichmäßig auf die verschiedenen Varianten verteilt und Aufrufe sowie Conversions jeder Variante werden gezählt. Der GWO bietet eine anschauliche statistische Auswertung der gesammelten Daten an und die typischen "Wäre es nicht besser, wenn..."-Fragen können jederzeit durch GWO-Tests statistisch abgesichert beantwortet werden.

Die Test-Methoden des Google Website Optimizers

Das Repertoire des GWO besteht aus zwei unterschiedlichen Testmethoden:

  1. dem A/B-Test sowie
  2. dem multivariaten Test.

Der A/B-Test ist das Einfachere der beiden Testszenarien. Hier gibt man als Testvarianten einfach zwei URLs an. Zum einen die der Ursprungsversion (z.B. http://ursprungsversion.example.com/), zum anderen die der Testvariante (z.B. http://test.example.com/). Nach erfolgreicher Einrichtung des Tests sorgt der GWO automatisch dafür, dass die eine Hälfte des eingehenden Besucherstroms unverändert die Originalseite ausgeliefert bekommt, die andere Hälfte dagegen die Inhalte der Testversion sieht.

Damit ein Besucher im Test gewertet werden kann, müssen in seinem Browser Javascript und Cookies aktiviert sein. Ist das nicht der Fall, bekommt der Nutzer einfach die Originalversion zu sehen und sein Besuch wird nicht ausgewertet. Weder die Besucher noch das Testergebnis werden also durch nicht auswertbare Aufrufe gestört. Im Cookie wird gespeichert, welche Version dem Besucher beim ersten Aufruf ausgeliefert wurde. So ist gewährleistet, dass der Besucher bei erneutem Aufruf der gleichen Site nicht plötzlich eine andere Version angezeigt bekommt.

Von beiden Testvarianten werden die Conversions protokolliert und so zeigt sich schnell, welche Version der Website erfolgreicher ist. Die Versionen können dabei grundsätzlich verschieden sein, z.B. durch ein komplett anderes Design. Sie können sich aber auch lediglich in einem oder mehreren kleinen Details unterscheiden. Im A/B-Test zeigen sich aber immer nur die kumulativen Effekte aller vorhandenen Änderungen, eben als Gesamterfolg der Testvariante. Der Einfluss der einzelnen Details ist damit nicht messbar.

Wer es genauer wissen will, greift daher zum multivariaten Test. Bei diesem Test-Design werden mehrere Elemente der Testseite gleichzeitig variiert. So könnte man z.B. in der Artikeldarstellung eines Online-Shops einerseits eine stärkere Hervorhebung der Preisangabe und andererseits eine abweichende Beschriftung des "Bestellen"-Buttons (z.B.: "in den Warenkorb") testen wollen.

Im multivariaten Test können mehrere Elemente im Rahmen eines einzigen Tests variiert werden. Gemessen werden dann Aufrufe und Conversions aller möglichen Kombinationen der Elemente. Im Beispiel wären das bei 2 Elementen mit je 2 Varianten 4 Kombinationen inklusive der Ursprungsversion:

  1. Ursprungsversion - Preisangabe normal, Button "Bestellen"
  2. Kombination 1 - Preisangabe größer, Button "Bestellen"
  3. Kombination 2 - Preisangabe größer, Button "In den Warenkorb"
  4. Kombination 3 - Preisangabe normal, Button "In den Warenkorb"

Der besondere Zusatznutzen besteht darin, dass der GWO nicht nur die Siegerkombination feststellt, sondern aus der Leistung aller Kombinationen die Einflüsse der einzelnen Elemente in ihren verschiedenen Variationen errechnet. So stellt man nicht nur fest, dass - als Beispiel - die Kombination 2 im Testzeitraum die höchste Conversion-Rate hatte, sondern auch, ob die abweichende Button-Beschriftung dabei den Ausschlag gegeben hat.

Natürlich lassen sich im multivariaten Test auch mehr als zwei Elemente testen und vor allem kann man für jedes Element auch mehrere verschiedene Varianten einrichten. Dadurch erhöht sich natürlich die Anzahl der Kombinationen und damit die Anzahl der Zugriffe, die nötig sind, um für alle Kombinationen aussagekräftige Zahlen zu erhalten. Im Zweifelsfall muss so ein Test dann länger laufen, um Ergebnisse zu erzielen. Die Entscheidung für die richtige Testmethode hängt also nicht zuletzt davon ab, wie viel Traffic die Site hat und mit wie vielen Conversions zu rechnen ist.

Wenn genügend Traffic zur Verfügung steht, kann man mit dem multivariaten Designs flexibler und gezielter testen. Mit dem A/B-Test kommt man mit recht wenig Aufwand schnell zu Testergebnissen, vor allem, wenn es (noch) nicht so viele Aufrufe und Conversions gibt. Soll als Voraussetzung für einen Test das Traffic-Volumen kurzfristig erhöht werden, bieten sich entsprechend optimierte SEA-Kampagnen als Sofortmaßnahme an.

Test-Einrichtung

Der GWO steht kostenfrei zur Verfügung, benötigt wird nur ein Google-Webmaster- oder ein AdWords-Account. Die Einrichtung und Administration der Tests erfolgt über ein Web-Frontend, besondere Software muss nicht installiert werden.

Eingerichtet ist ein GWO-Test relativ schnell mittels eines Assistenten in der Web-Oberfläche, der einen Schritt für Schritt durch den Einrichtungsprozess leitet. In der zu testenden Seite sowie in der Conversion-Seite müssen dabei einige Code-Schnipsel eingefügt werden (Test-, Kontroll- und Conversion-Tracking-Skripte). Der GWO-Assistent gibt Auskunft darüber, wo diese Codes platziert werden müssen. Der korrekte Einbau kann direkt im GWO überprüft werden.

Beim A/B-Test genügt es dann, im Einrichtungs-Assistenten die URLs der Original- sowie der Testversion anzugeben, und der Test kann starten. Für den multivariaten Test ist etwas mehr Aufwand nötig. Damit der GWO weiß, welche Bereiche der Seite als Testelemente zu behandeln sind, werden diese Seitenbereiche in weitere Code-Schnipsel eingeklammert, die so genannten Section-Codes.

Für jeden derart definierten Seitenbereich kann man dann eine oder mehrere Varianten einrichten. Dazu gibt man direkt im GWO den Code ein, der statt des Originals in der Testversion erscheinen soll. Der GWO errechnet alle möglichen Kombinationen der Seitenbereiche in ihren verschiedenen Varianten. Wenn der Test gestartet ist, werden die Besucher gleichmäßig auf diese Kombinationen verteilt.

Und was testet man damit?

Vor den technischen Details der Testeinrichtung stehen allerdings immer einige inhaltliche Erwägungen. Dazu gehört in erster Linie die Frage, was mit dem GWO überhaupt getestet wird und wozu. Wie bereits einleitend erwähnt, dient der GWO richtig eingesetzt zur Conversion-Optimierung im engeren Sinne. Man kann damit Maßnahmen finden, die die Nutzbarkeit und damit sozusagen den Wirkungsgrad der Site erhöhen und im Ergebnis mehr Conversions erzeugen.

Um Ansatzpunkte für diese Optimierung zu finden, betrachtet man also zweckmäßigerweise die bekannten oder vermuteten Schwachstellen der Site. Können Überschriften oder Handlungsanweisungen noch deutlicher dargestellt oder klarer formuliert werden? Bietet die Site entsprechende Zugänge für möglichst jedes Anliegen, dass ein Besucher haben könnte? Sind diese Zugänge richtig platziert? Hier können Tracking-Lösungen wie Google-Analytics wichtige Hinweise auf vorhandene Engpässe geben.

Wenn man die passenden Stellen identifiziert hat, sollte man ganz gezielt kleine Veränderungsschritte planen. Die sind leicht umzusetzen und auch später in der Analyse besser definiert als große Änderungspakete. Im Rahmen von GWO-Tests kann man immer wieder gut beobachten, wie bereits ganz kleine Änderungen oft messbare Conversion-Steigerungen erbringen. Man findet im Netz zahlreiche Fallstudien, in denen z.B. das bloße Umformulieren einer Seitenüberschrift sich im Test als effektiv erwiesen hat. Oft sind es Textkürzungen, die dabei den Erfolg bringen. Wie bei der Entscheidung zwischen A/B- und multivariatem Test ist auch hier das verfügbare Traffic-Volumen zu berücksichtigen. Je mehr Traffic, desto kleiner können die Änderungsschritte sein und dabei trotzdem noch in vertretbarer Zeit aussagekräftige Ergebnisse erzielen.

Die Formulierung und Platzierung von Handlungsanweisungen und Funktionselementen ist ein weiteres klassisches Testfeld. Der bereits angeführte "Bestellen"-Button ist vielen Besuchern vielleicht schon zu verbindlich. Sie wollen die Artikel zunächst nur "in den Warenkorb" legen. Vielleicht ist es auch gut, diesen Button weiter oben zu präsentieren, wo er ohne Scrollen zu sehen ist. Derartige Veränderungen haben erwiesenermaßen bereits deutliche Zuwächse an Bestellungen erbracht.

In einem GWO-Test wurden für einen Online-Shop Variationen der Platzierung und Gestaltung der Fortschrittsanzeige im Bestellprozess getestet. Die Anzeige wurde grafisch prägnanter gestaltet und versuchsweise zusätzlich ganz oben auf den Bestellseiten eingebunden.

Abbildung 1: Mit dem Website-Optimizer ausgearbeitet: Vorher - Nachher

Im Ergebnis brachte die grafische Überarbeitung der Fortschrittsanzeige ein klares Conversion-Plus um 9,37% (siehe Abbildung 1). Wurde diese neu gestaltete Übersicht zusätzlich oben angezeigt, so steigerte das die Conversion-Rate wiederum um 12,1%. Nur die alte Fortschrittsanzeige im oberen Bereich der Seite darzustellen, hatte dagegen einen negativen Effekt, auch das ließ sich hier spielend leicht feststellen.

Hätte man dem Shopbetreiber - ohne Test - diese beiden Maßnahmen vorgeschlagen und er hätte sich z.B. aus wirtschaftlichen Erwägungen ohne Neugestaltung nur für die zusätzliche Platzierung oben entschieden, hätte er keinen Nutzen davon gehabt. Der GWO-Test hat jedoch gezeigt, welche Lösung wirklich die beste Conversion-Leistung bringt. Die Nutzer dieses Shops präferierten die neue Variante der Fortschrittsanzeige in der oberen Platzierung. Ob die Nutzer des eigenen Shops es auch so sehen, kann jeder Shop-Betreiber mit dem GWO selbst herausfinden. Wie Abbildung 1 zeigt, brachte schon der Austausch der ursprünglichen Fortschrittsanzeige (oben) gegen eine grafisch überarbeitete Version (unten) 9,37% mehr Conversions.

Die Auswertung

Der GWO erzeugt aus den gesammelten Rohdaten Berichte, die man sich in der Web-Oberfläche ansehen kann, sobald ein Test gestartet ist (siehe Abbildung 2). Im Bericht sieht man zunächst eine Übersicht der konkurrierenden Kombinationen. Für die Ursprungsversion und jede Variante werden die Zahl der Besuche und Conversions sowie die Conversion-Rate angezeigt.

Abbildung 2: Alle Testsieger auf einen Blick im Google Website Optimizer

Die erreichten Conversion-Raten (genauer: das Intervall aus dem errechneten Wert plus/minus der zu erwartenden Abweichung) werden von Google zusätzlich als Balkengrafiken dargestellt. Macht sich eine Variante eindeutig besser als das Original, wird der Balken grün. Wertbereiche, die eindeutig unter dem Ergebnis des Originals liegen, sind rot. Gelbe Balken zeigen, dass die Datenbasis hier für eine eindeutige Aussage noch nicht ausreicht. So erkennt man auf einen Blick die Sieger- und Verlierer-Varianten. Zu jeder Variante wird zudem die Wahrscheinlichkeit angezeigt, dass sie die Ursprungsversion schlägt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 3: Übersicht der Seitenbereiche im Google Website Optimizer

Bei multivariaten Tests gibt es neben der Auflistung der Kombinationen noch die Ansicht der einzelnen Seitenbereiche (siehe Abbildung 3). Die Darstellung ähnelt im Prinzip der zuvor beschriebenen Kombinationenliste. Ein Detail kommt noch hinzu: Es wird eine Kennzahl für die gemessene Relevanz (von 1 bis 5) für jedes Element errechnet und angezeigt. So wird erkennbar, welche Elemente besonders stark zum Gesamtergebnis beitragen. Diese Ansicht ist nicht selten überraschend, weil der oberflächliche Blick auf die Kombinationen zunächst zu anderen Annahmen führt - gut, dass der GWO die Rechnerei im Hintergrund übernimmt.

Man kann nur gewinnen

Wenn der GWO jedoch im Grunde nur zu Testzwecken dient, wie soll das dann kurzfristig Conversion-Steigerungen bringen? Die Entscheidung, welche Änderungen man umsetzt, nimmt einem das Tool ja nicht ab und theoretisch könnte so eine Änderung ja auch Conversion-Einbußen verursachen. Handelt es sich da nicht bei jedem Test um ein reines Glücksspiel?

Zum Glück ist das nicht so. Entscheidend für das Erfolgspotenzial des GWO ist, dass die Testelemente nicht zufällig bestimmt, sondern gezielt ausgewählt werden. Wer sich ein wenig mit E-Business beschäftigt hat, hat meist schon einen Blick dafür, wo bestimmte Details noch besser gelöst werden können. Und diesem Blick kann man in der Regel auch trauen. Die Erfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der Veränderungen, die im GWO getestet werden, tatsächlich mehr oder weniger große Conversion-Steigerungen bringen - nicht selten im zweistelligen Prozent-Bereich. Andere Testelemente sind im Ergebnis eher irrelevant, sie bringen kaum Veränderungen. Auch das kommt vor. Testelemente, die wirklich gravierende Conversion-Einbußen verursachen, sind erstaunlich selten zu beobachten. Unterm Strich ist bei gut vorbereiteten GWO-Tests fast immer mit einem Conversion-Plus zu rechnen.

Die Optimierung optimieren

Wenn man erstmal mit der grundsätzlichen Arbeitsweise des GWO vertraut ist, entdeckt man schnell, wie flexibel dieses Tool ist. Richtig angestellt, kann man damit auch sehr komplexe Testszenarien mit überschaubarem Aufwand umsetzen. Komplex wird es z.B. oft dann, wenn Inhalte variiert werden sollen, die erst beim Aufruf der Seite dynamisch erzeugt werden.

Die Darstellung eines Warenkorbes ist dafür ein Beispiel. Den Warenkorb kann man natürlich nicht einfach in anders gestalteter Form als Quelltext in den GWO eingeben. Der Inhalt steht ja nicht fest. Eine mögliche Lösung sollte der Prämisse folgen, immer möglichst viel Arbeit von der Seite selbst erledigen zu lassen und möglichst wenig in den GWO zu verlagern.

Im Warenkorb-Beispiel könnte man also die Darstellungsvarianten durch entsprechende CSS-Definitionen im Stylesheet umsetzen. Dann klammert man das öffende <div id="cart"> des Warenkorbes in GWO-Section-Codes und schaltet als Alternativen "<div id="cart" class="wo01">", "<div id="cart" class="wo02">" und so weiter. Die Menge des Codes, der vom GWO ausgetauscht werden muss, wird so minimiert. Das ist übersichtlicher, vermindert Fehlerquellen und erleichtert Korrekturen zu jedem Zeitpunkt.

Weitreichende Möglichkeiten, den Seiteninhalt im Rahmen von GWO-Tests zu manipulieren, ergeben sich auch beim Einsatz eines Javascript-Frameworks wie JQuery oder MooTools. Damit kann man die im Test mitgeführten IDs des Tests sowie der aufgerufenen Variante auswerten und die Seite entsprechend steuern.

In der Auswertung kann man den Rahmen des Möglichen beispielsweise durch die Verzahnung mit Google Analytics erweitern. Auch in Analytics können die Parameter der einzelnen Testvarianten gezielt erfasst werden. Dadurch gibt es neue Spielräume bei der Definition von Conversions. Klicks auf bestimmte Seitenelemente oder auch höhere Verweilzeiten auf bestimmten Seiten können damit als Conversions gezählt werden, was mit dem GWO allein nicht möglich ist. Außerdem lassen sich dort die erzielten Umsätze protokollieren, was eine deutlich genauere Bewertung der Varianten ermöglicht.

Auch der GWO selbst bietet noch einige Stellschrauben. So kann man während des Tests besonders erfolglose Varianten aus dem Rennen nehmen (man kann das sogar automatisch machen lassen). Wer sich scheut, eine bestimmte Veränderung gleich an allen Besuchern zu testen, hat die Möglichkeit, nur einen definierten Teil des Traffics am Test teilnehmen zu lassen. Dann lenkt der GWO zum Beispiel 20% der Aufrufe in den Test, diese werden auf die Varianten verteilt und getrackt. Die restlichen 80% der Besucher sehen immer die Ursprungsversion, ohne die Messungen zu beeinflussen.

Fazit

Mit dem Google-Website-Optimizer geht alles - das Einfache wie das Komplizierte. Das Tool bietet Anfängern wie Experten umfangreiche Möglichkeiten. Jeder Test, einfach oder komplex, bringt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit messbare Conversion-Steigerungen. Man sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Autor: Matthias Speth, Quelle: Internet mit IQ